Der systemische Umgang mit Diagnosen in der Therapie und Beratung unterscheidet sich von einem individuellen, pathologischen Ansatz. Statt sich ausschließlich auf die Diagnose und die
vermeintlichen Defizite oder Probleme des Klienten zu fokussieren, betrachtet der systemische Ansatz den Klienten als Teil eines sozialen Systems, das in Wechselwirkung mit seiner Umwelt steht.
Hier sind einige Aspekte des systemischen Umgangs mit Diagnosen:
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Kontextuelle Betrachtung: Systemische Therapeuten betrachten Diagnosen immer im Kontext des sozialen Umfelds des Klienten,
einschließlich seiner Beziehungen, seiner Familie, seines sozialen Netzwerks und kulturellen Hintergrunds. Es wird erkannt, dass Diagnosen nicht isoliert betrachtet werden können, sondern in
Wechselwirkung mit den dynamischen Beziehungen und Interaktionen im System des Klienten stehen.
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Ressourcenorientierung: Systemische Therapeuten legen einen starken Fokus auf die Ressourcen und Stärken des Klienten und seines Systems, anstatt sich ausschließlich auf
Defizite oder Probleme zu konzentrieren. Es wird erkannt, dass jedes System über eigene Ressourcen und Lösungskompetenzen verfügt, die genutzt werden können, um positive Veränderungen zu
fördern.
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Dezentralisierung der Diagnose: Im systemischen Ansatz wird die Diagnose nicht als festes Etikett angesehen, das einer Person oder einem Problem zugeordnet ist. Stattdessen
wird die Diagnose als eine vorübergehende Hypothese betrachtet, die im Laufe der Therapie oder Beratung weiterentwickelt und überdacht werden kann. Es wird betont, dass Menschen mehr sind als
ihre Diagnosen und dass Veränderungen möglich sind.
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Multiperspektivität: Systemische Therapeuten nutzen verschiedene Perspektiven und Sichtweisen, um Diagnosen zu verstehen und zu hinterfragen. Es werden zirkuläre Fragen
gestellt, um die Perspektiven verschiedener Personen oder Systeme einzubeziehen und das Verständnis für die Dynamiken und Wechselwirkungen im System des Klienten zu erweitern.
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Kollaborative Arbeit: Im systemischen Ansatz wird mit dem Klienten auf Augenhöhe zusammengearbeitet. Klienten werden als Experten für ihre eigenen Erfahrungen und ihr System
betrachtet, und es wird eine kollaborative und partnerschaftliche Beziehung aufgebaut, um gemeinsam Lösungsansätze zu entwickeln und umzusetzen.
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Lösungsorientierung: Der systemische Ansatz legt den Fokus auf Lösungen und Veränderungen, anstatt auf Probleme und Defizite. Es wird nach Ressourcen und Lösun<<gen
gesucht, um positive Veränderungen im System des Klienten zu fördern.
Der systemische Umgang mit Diagnosen betont also die Bedeutung des sozialen Kontextes, der Ressourcen und der Lösungsorientierung. Er zielt darauf
ab, ein umfassendes und differenziertes Verständnis für den Klienten und sein soziales Umfeld zu entwickeln und gemeinsam mit dem Klienten an Lösungen und Veränderungen zu
arbeiten.
Auszug von Diagnosen (Störungsbildern) bei denen die systemischen Therapie bei Erwachsenen eingesetzt werden kann:
- Psychosen
- Depressionen
- Angststörungen (Angst und Panik)
- Zwänge
- Essstörungen
- Süchte
- Sexuelle Störungen
- Posttraumatische-Belastungsstörung (PTBS)
- Borderline
- Suizide Krisen
- Somatisierungsstörungen
Bestimmte Störungsbilder & Diagnosen können es erforderlich machen, dass eine ärztliche und medikamentöse Begleitung sinnvoll und/oder notwendig ist.